Der größte Wunsch: daheim in Kroatien sterben
Hospiz, BRK und viele Helfer ermöglichen Heimreise eines Schwerstkranken

Die folgende Geschichte erzählt von Eric I., einem Arbeiter aus Kroatien, der vor drei Jahren ganz alleine nach Deutschland gekommen war. Als der 59-Jährige nun schwer erkrankte, lautete sein letzter Wunsch, nach Hause zurückzukehren, um dort, in der Heimat sterben zu dürfen. Wie er die weite Reise in Zeiten von Corona und den dadurch geltenden Reisebeschränkungen schaffen sollte, war zunächst unklar. Doch viele Helfer mit Herz suchten und fanden gemeinsam einen Weg.
Eric I. wurde Ende April im Endstadium einer schweren Erkrankung im AllgäuHospiz in Kempten aufgenommen. „Herr I. hatte hier in Deutschland keine Angehörigen, die ihn hätten besuchen und ihm beistehen können. Eine engagierte Betreuerin wurde gerichtlich bestellt. Auch seine Deutschkenntnisse sind sehr begrenzt. Dadurch war eine Verständigung leider nur sehr eingeschränkt möglich“, schildert Susanne Hofmann, die Leiterin des AllgäuHospiz, die schwierige Situation. „Dabei ist es gerade in dieser letzten Lebensphase so wichtig, die eigenen Gedanken, Gefühle und Wünsche mitteilen zu können.“
Glücklicherweise konnten eine kroatische ehrenamtliche Mitarbeiterin des Hospiz sowie der in Kempten wirkende kroatische Pfarrer Matijas Farkas als Dolmetscher hinzugezogen werden. Der Geistliche besuchte Herrn I. mehrmals und auch die Ehrenamtliche hielt nach einem ersten persönlichen Treffen, das unter allen aktuell gegebenen Schutzmaßnahmen stattfand, telefonisch Kontakt zu ihm. „Sich endlich in der Muttersprache mitteilen zu können, war eine merkliche Erleichterung. Herrn I.s sehnlichster Wunsch war es, in seine Heimat zurückzukehren, um seine dort lebenden Angehörigen noch einmal zu sehen und dort zu sterben“, sagt Susanne Hofmann. Doch aufgrund der geltenden Reisebeschränkungen schien dies zunächst utopisch. „Ohnehin wären ein Flug oder eine Zugfahrt viel zu anstrengend für unseren Gast gewesen.“
Die rettende Idee kam schließlich Hospiz-Geschäftsführer Alexander Schwägerl. Er ist zugleich Kreisgeschäftsführer des BRK Oberallgäu und wusste, dass der Fahrdienst des Roten Kreuzes auch in diesen Tagen Grenzen überqueren darf. Danach ging alles ganz schnell: Das Generalkonsulat der Republik Kroatien in München, mit dem der Fahrdienstleiter des BRK, Dietmar Schenk, Kontakt aufnahm, meldete zurück, dass Eric I. als kroatischer Staatsangehöriger problemlos einreisen dürfe. Die beiden Fahrer des BRK Oberallgäu würden als medizinisches Begleitpersonal eingestuft, womit auch ihrer Ein- und Rückreise nichts im Wege stünde. So konnte Eric I. am 24. April frühmorgens um 4 Uhr die Reise in seine Heimat antreten. Die gerichtlich bestellte, sehr engagierte Betreuerin des Patienten hatte sein persönliches Hab und Gut rechtzeitig in seiner Wohngemeinschaft abgeholt und die kroatische Hospizmitarbeiterin hatte den drei Reisenden liebevoll ein großes Proviantpaket gepackt. „Die fast 1.200 Kilometer lange Fahrt nach Dubrovnik dauerte 18 Stunden und war weitgehend problemlos“, berichten die beiden Fahrer Helmut Klaus und Philipp Hübler. „Über weite Strecken begegnete uns aufgrund der Corona-Situation kein anderes Auto - einmal sogar 80 Kilometer lang.“ Die Stimmung sei trotz des tragischen Hintergrundes gut und oft sogar lustig gewesen, erzählt Helmut Klaus. „Obwohl die Möglichkeit zum Liegen bestanden hätte, wollte Eric die ganze Zeit im Tragestuhl sitzen und die Eindrücke genießen.“
Die Grenzübergänge konnten die Drei durch das offizielle Schreiben des Generalkonsulats ohne größere Probleme passieren. „Lediglich bei der Einreise nach Kroatien mussten wir eineinhalb Stunden auf ein Einreisedokument warten. Das hat sich aber gelohnt, denn wir wurden später prompt von der kroatischen Polizei kontrolliert und durften dank dieses Zertifikats ohne Ärger weiterfahren.“
In Dubrovnik angekommen konnte Eric I. ganz kurz seine Schwester sehen, ehe er sich für zwei Wochen in eine Klinik in Quarantäne begeben musste. „Eric war einfach glücklich, wieder daheim zu sein“, sagt Helmut Klaus. „Ich bin froh, dass wir ihm helfen konnten. Das Ganze ging uns schon unter die Haut“. „Trotz des traurigen Hintergrundes ist es wunderschön zu sehen, was alles möglich ist, wenn mehrere Menschen Hand in Hand zusammenhelfen“, findet Susanne Hofmann. „Wir hoffen nun alle, dass Herr I. die zwei Wochen gut übersteht und seine Familie noch einmal sehen kann.“