So kann man Stürzen im Alter vorbeugen
Im BRK Haus der Senioren werden Beweglichkeit und Gleichgewichtssinn der Bewohner trainiert

Mit zunehmendem Alter steigt bei Senioren die Gefahr, zu stürzen. Laut Statistik stürzen etwa ein Drittel aller über 65-Jährigen und mehr als die Hälfte der über 90-Jährigen mindestens einmal pro Jahr. Oftmals sind behandlungsbedürftige Verletzungen die Folge, die die Betroffenen langfristig beeinträchtigen können. Melanie Engel, die Leiterin des BRK-Hauses der Senioren in Oberstdorf, kennt die Problematik. Sie erklärt am Beispiel ihrer Einrichtung, welche Möglichkeiten zur Vermeidung von Stürzen es gibt.
Die Gründe für die steigende Sturzgefahr im Alter sind vielfältig. Dazu gehören beispielsweise Gleichgewichtsprobleme und plötzlicher Schwindel, eine generelle Gangunsicherheit, die durch schwere Beine, Durchblutungs- und Gelenkprobleme noch verstärkt wird oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Auch die Verschlechterung des Sehvermögens spielt eine Rolle, denn dadurch können Stolperfallen nicht mehr rechtzeitig erkannt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Reaktionsfähigkeit im Alter abnimmt, was dazu führt, dass rechtzeitiges Abstützen oder ein Abfangen des Sturzes nicht mehr möglich sind.
Ungefähr die Hälfte der Stürze verläuft glücklicherweise glimpflich, mit nur kleineren Blessuren oder blauen Flecken. Doch immer wieder kommt es auch zu ernsthaften Verletzungen. Da gerade ältere Menschen häufig ungebremst nach vorn auf den Kopf fallen, kann es im schlimmsten Fall zu einer Hirnblutung kommen. Bei Stürzen auf die Seite sind nicht selten Knochenbrüche, wie etwa der gefürchtete Oberschenkelhalsbruch sowie Becken- oder Handgelenksverletzungen mit teils langfristigen Mobilitätseinschränkungen die Folge. Und selbst wenn der Sturz ohne körperliche Schäden verlaufen ist, kann er die Lebensqualität negativ beeinflussen, da die Betroffenen aus Angst vor weiteren Stürzen körperliche Betätigungen fortan meiden.
„Der damit einhergehende weitere Verlust an Kraft und Beweglichkeit setzt jedoch ein Teufelskreis in Gang“, warnt Melanie Engel, die Leiterin des BRK-Hauses der Senioren in Oberstdorf. Sie kennt die Problematik aus ihrem Berufsalltag und schildert, wie man in ihrer Einrichtung damit umgeht. „Um die Beweglichkeit, die Muskelkraft und den Gleichgewichtssinn unserer Bewohnerinnen und Bewohner zu erhalten und zu verbessern, bieten wir - neben der Physiotherapie und Ergotherapie durch externe Kooperationspartner - dreimal wöchentlich auf allen vier Wohnbereichen Gymnastikstunden an. Dabei werden Bewegungs-, Kräftigung- und Dehnübungen besonders für Arme und Beine durchgeführt“, erklärt sie. „Im Koordinationstraining üben wir gleichzeitige, koordinierte - eventuell auch gegenläufige - Bewegungen mit Armen und Beinen ein. Dadurch sind die Senioren im Fall eines Stolperns kognitiv in der Lage, sich mit den Armen am Handlauf abzufangen und somit einen Sturz zu verhindern.“ Wichtig sei auch eine Verbesserung der Reaktionsgeschwindigkeit. „Diese trainieren wir zum Beispiel durch ein Spiel, bei dem eine Person ein Tuch auf dem Schoß hat und es schnell genug festhalten muss, wenn es weggezogen wird.“
Die Bewohner sind sehr dankbar für die Angebote, so Melanie Engel weiter. „Neben der Ablenkung und dem Spaß an der Gemeinsamkeit merken viele, dass sie sich wieder fitter fühlen. Tatsächlich beobachten wir, dass vorhandene Ressourcen länger aufrechterhalten werden können und die Sturzrate sinkt.“ Senioren, die zuhause leben, empfiehlt Melanie Engel, je nach individuellen Möglichkeiten, Seniorengymnastik, Schwimmgruppen, Yoga, Chi Gong und andere sanfte, seniorengerechte Bewegungsangebote zu nutzen. Hilfsmittel wie Hüftprotektoren oder rutschfeste Schuhe und Socken könnten ebenfalls die Sturzgefahr senken. Die Expertin rät: „Sinnvoll ist es auch, Sehhilfen regelmäßig vom Augenarzt überprüfen lassen, den Haushalt gründlich auf Stolperfallen zu untersuchen mit dem Arzt zu klären, ob Medikamente die Sturzgefahr erhöhen.“