Von der Kunst, Kinder und 12-Stunden-Arbeitsschichten unter einen Hut zu bringen
Notfallsanitäterin Christina Holl über ihre ganz persönliche Strategie zur Vereinbarkeit von Schichtarbeit und Familie

Wer Kinder hat und Vollzeit berufstätig ist, weiß, wie schwierig es mitunter ist, eine durchgängige Betreuung für den Nachwuchs zu organisieren. Noch problematischer wird es, wenn man/frau Schicht arbeiten muss. Christina Holl kann davon ein Lied singen. Als hauptberufliche Notfallsanitäterin und Wachleiterin der BRK Rettungswache Altusried leistet sie 12-Stunden-Dienste von 6 bis 18 Uhr und umgekehrt. Wie sie Familie und Beruf normalerweise - und während der Corona-Ausnahmezeit - wuppt, berichtet sie hier.
Christina Holl ist zweifache Mutter und eine der vielen, vielen Frauen im Allgäu, die sich Tag für Tag dem Spagat zwischen Arbeit und Kindern stellen. In ihrem Beruf als Notfallsanitäterin und Wachleiterin wechseln sich Tagschichten von 6 bis 18 Uhr mit Nachtschichten von 18 bis 6 Uhr früh ab. Administrative Aufgaben erledigt sie zu flexiblen Bürozeiten, dafür fallen dann ein paar Schichtdienste weg. „Schichtarbeit hat Vor- und Nachteile,“ findet die 42-Jährige. Wenn sie um 6 Uhr Dienstbeginn habe, müsse morgens bis Schulbeginn ihr Mann alles zuhause erledigen, „auch wenn das nicht immer ganz einfach mit seiner eigenen Arbeitszeit zu vereinbaren ist.“ Mittagessen bekommen die Kinder in der Schule. Dort ist auch eine Nachmittagsbetreuung möglich - doch leider endet diese, wenn Mamas Schicht noch lange nicht zu Ende ist. Für Christina Holl heißt das: „Jeder Tag, an dem ich Dienst habe, muss neu geplant und organisiert werden. Ohne familiären Zusammenhalt und Hilfe von außen für die Zeiten ohne schulische Betreuung wäre es, vor allem als die Kinder noch kleiner waren, nicht gegangen“, räumt sie ein. „Inzwischen sind die Beiden neun bzw. 16 Jahre alt, da geht vieles leichter.“ Dennoch seien früher wie heute Großeltern, die in der Nähe und zur Stelle sind, wenn man sie braucht, Gold wert. Auch ein Netzwerk aus mehreren Familien habe schon oft hilfreiche Unterstützung gebracht. „Manchmal hat eine Freundin die Kinder abgeholt und sie mit zu sich nach Hause genommen, bis mein Man oder ich Feierabend hatten.“ Das sei ein Geben und Nehmen. „Ein Vorteil an der Schichtarbeit ist, dass ich dafür mehrere Tage im Monat komplett frei habe“, so Christina Holl. „Da kann ich mich dann bei den anderen Familien revanchieren. Zudem müssen die Kinder somit nicht jeden Nachmittag in die Betreuung.“
Corona ließ das Netzwerk zusammenbrechen
Wie in vielen Familien brach auch bei ihrer während des Corona-Lockdowns das bewährte Netzwerk zusammen. „Da der Rettungsdienst systemrelevant ist, hatten wir zwar Anspruch auf Notbetreuung, bloß hat uns das angesichts meiner Schichtzeiten nicht viel genützt. Die Überbrückung zwischen Nachmittagsbetreuung und Feierabend durch Freunde und Großeltern fiel komplett weg. Wäre diese Pandemie ein paar Jahre früher ausgebrochen, als meine Kinder noch kleiner waren, hätten wir nicht mehr weitergewusst“, gibt sie zu. Nur weil ihre Beiden inzwischen ein Stückchen selbständiger seien, sei es möglich gewesen, den Alltag in der Krise, mit Arbeit, Home-Schooling und Betreuung zu meistern.
„Schichtarbeit, egal ob beim Mann oder bei der Frau, erfordert neben Organisationstalent auch eine hohe Flexibilität“, resümiert Christina Holl. „Diese Flexibilität muss die ganze Familie mit-tragen und auch er-tragen.“ Manchmal sei es schon traurig, wenn sie am Wochenende arbeiten müsse. „Aber das gehört halt auch dazu. Wichtig ist es dann, alternativ ab und zu einen Werktag-Nachmittag mit den Kindern schön zu gestalten. Immerhin hat man dann leere Skipisten oder Wanderwege und kann Einkäufe und Erledigungen in Ruhe tätigen. Und während die Kinder in Schule oder Kindergarten betreut sind, kann man auch einfach mal allein, mit dem Partner oder mit Freunden Kraft tanken. Dann geht´s auch wieder mit neuem Schwung weiter.“