So funktioniert der Heimlich-Handgriff
BRK erklärt Erste Hilfe bei Erstickungsgefahr durch Fremdkörper in der Luftröhre
Es ist ein Albtraum vieler Eltern von Kleinkindern: dem Nachwuchs bleibt beim Mümmeln an einer Karotte ein Bissen im Hals stecken oder die Kleinen verschlucken sich an einem Kleinteil und bekommen plötzlich keine Luft mehr. Bei Erwachsenen kommt es vor allem bei zu hastigem essen dazu, dass größere Speisestücke die Luftröhre versperren. In einem solchen Fall ist schnelles Handeln gefragt. Was man tun kann, wenn beherztes Klopfen auf den Rücken nicht mehr ausreicht und wann der lebensrettende, aber nicht ganz risikolose „Heimlich-Handgriff“ zum Einsatz kommen darf, erklärt Frank Schönmetzler, Ausbildungsleiter beim BRK Oberallgäu.
„Kleinkindern sollte man nichts zu essen geben, was hart und stückig ist“, rät Frank Schönmetzler. „Gerade bei Karotten, Nüssen, Äpfeln, Trauben und beispielsweise auch Bonbons besteht die Gefahr, dass zu große Stücke unzerkaut in die Luftröhre geraten und diese blockieren. Eltern sollten zudem darauf achten dass keine Kleinteile herumliegen, die die Kleinen in den Mund stecken könnten.“ Auch ältere Menschen würden tendenziell dazu neigen, sich zu verschlucken, da häufig die Kaufunktion und der Schluckmechanismus nicht mehr so gut funktionieren, weiß er.
„Wenn jemand sich verschluckt, reagieren wir meist instinktiv richtig. Wir animieren den Betroffenen zum Husten und klopfen demjenigen kräftig zwischen die Schulterblätter. Bei Kindern kann es helfen, wenn man sie sich mit dem Gesicht nach unten quer über den Schoß legt und kräftig auf den Rücken klopft, die Richtung sollte dabei von unten nach oben zwischen die Schulterblätter sein. Oft löst sich der Fremdkörper dann und fällt aus dem Mund heraus.“ Wenn diese Maßnahmen nach fünf 5 Schlägen nichts nützen und der Betroffene zu ersticken droht, ist sofort der Rettungsdienst unter 112 zu alarmieren. „Bitten Sie eine weitere Person, den Notarzt zu rufen, oder tun Sie es selbst, wenn sonst niemand in der Nähe ist“, so der Experte. Bis zu dessen Eintreffen kommt dann der so genannte „Heimlich-Handgriff“ zum Einsatz (benannt nach dem US-amerikanischen Arzt Henry Heimlich, 1920-2016). Übrigens: auch wenn der Fremdkörper sich löst, sollte man den Betroffenen zur Untersuchung zum Arzt bringen, um eventuelle innere Verletzungen auszuschließen.
So funktioniert der Heimlich-Handgriff:
- der Helfer stellt sich hinter den nach vorn gebeugten Betroffenen
- der Helfer umfasst von hinten den Bauch des Betroffenen mit beiden Armen
- er platziert eine geballte Faust in den Oberbauchbereich unterhalb des Brustbeins, zwischen Nabel und dem unteren Ende des Brustbeins
- jetzt mit der anderen Hand die Faust umfassen
- bis zu fünf Mal ruckartig und kräftig nach hinten oben ziehen – diese Bewegung und der Unterdruck sollen den Fremdkörper aus den Atemwegen treiben
- löst sich der Fremdkörper immer noch nicht, sollte man im Wechsel Rückenschläge und den Heimlich-Handgriff durchführen
- bei eintretender Bewusstlosigkeit und fehlender normaler Atmung Herz-Lungen-Wiederbelebung durchführen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes.
Den Heimlich-Handgriff kann man prinzipiell auch am eigenen Körper anwenden. In dem Fall muss man mit den eigenen Händen im Bereich zwischen Rippenbogen und Bauchnabel mehrfach schnell nach innen und oben drücken.
Risiken des Heimlich-Handgriffs
„Der Heimlich-Handgriff birgt einige gravierende Risiken, die man kennen muss“, mahnt Frank Schönmetzler. „Er darf nicht bei Kindern unter einem Jahr angewendet werden, da hier die Verletzungsgefahr zu hoch ist. Bei älteren Menschen kann er im schlimmsten Fall ein vorhandenes Aneurysma, also eine Aussackung der Blutgefäße, zum Platzen bringen. Generell droht die Schädigung von Zwerchfell und von Organen wie Milz, Magen und Leber sowie Rippenbrüche. Trotzdem: Schrecken Sie im Ernstfall nicht vor dem Heimlich-Handgriff zurück! Riskieren Sie lieber eine unbeabsichtigte Verletzung als den Erstickungstod des Betroffenen!“
Frank Schönmetzler empfiehlt jedem, regelmäßig die eigenen Erste-Hilfe-Kenntnisse aufzufrischen. Das BRK Oberallgäu bietet in Kempten und dem Oberallgäu zahlreiche eintägige Erste-Hilfe-Kurse an. Eine Kursübersicht gibt es hier: https://www.kvoberallgaeu.brk.de/kurse